Kulturzyklentheorien

Kulturzyklentheorien
Kulturzyklentheorien,
 
im Unterschied zu Theorien mit linearem Geschichtsbild kultur- und geschichtsphilosophischen Theorien, denen zufolge kultureller Wandel und kulturelle Entwicklung in Kulturen (auch einzelnen historischen oder kulturellen Gebilden, wie Staat, Nation, Sprache, Sitten u. a.) dem Prozess von Entstehung, Wachstum, Vergehen und Neuentstehung folgen. Diese Versuche, einmalige Geschichtsverläufe unter übergeordnete Gesetzmäßigkeiten zu stellen, ermöglichen zugleich historische Wertung und Prognose und können von einer pessimistischen oder optomistischen Kulturauffassung geprägt sein. - Kulturzyklentheorien finden sich schon im Altertum bei den Indern, Babyloniern, Chinesen, Griechen und Römern (Lehren von aufeinander folgenden Zeitaltern oder Weltperioden). Kulturzyklentheorien gab es im Mittelalter, in der Neuzeit beschrieb u. a. G. B. Vico in seiner »Kreislauftheorie« den Aufstieg und Niedergang der Völker und der Menschheit. Ein kulturkritischer Bezug auf das Abendland kennzeichnet Kulturzyklentheorien v. a. des 19. und 20. Jahrhunderts, wobei neuzeitliche Kultur und Zivilisation vielfach als eine Spätphase im Kulturverlauf gewertet werden.
 
F. Nietzsches nihilistischer Kulturauffassung liegt der Gedanke der »ewigen Wiederkehr« zugrunde. O. Spengler vertritt, ebenso wie E. von Lasaulx und L. Frobenius in seiner Kulturkreislehre, eine am Vorbild organischer Abläufe orientierte Kulturauffassung, wobei die einzelnen Kulturen und die Weltgeschichte als deren »Gesamtbiographie« die Altersstufen des einzelnen Menschen durchlaufen und mit dem »Verfall«, dem Zurücksinken ins Anorganische enden. Im Unterschied zu der pessimistischen Kulturauffassung Spenglers hebt A. J. Toynbee in seiner Kulturzyklentheorie die Rolle menschlicher Freiheit und Verantwortung im Geschichtsverlauf hervor und enthält sich daher weitgehend einer historischen Prognostik. (Kultur, Kulturphilosophie)

Universal-Lexikon. 2012.

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